Gehaltsfindung > Worauf Sie als Bewerber achten sollten!

Viele Jobsuchende kennen die Situation: Das Bewerbungsanschreiben ist ausformuliert, aber es fehlt noch die finale Angabe der Gehaltsvorstellung. Und weil die Gehaltsfrage eben eine so wichtige Rolle spielt, erstaunt es immer wieder mit welcher Überheblichkeit und Nachlässigkeit Bewerber*innen die Frage nach dem Verdienst beantworten.

Wer sich zum Beispiel aus einer Beschäftigung heraus bewirbt, neigt oft dazu 10 bis 30 Prozent mehr Gehalt aufzurufen als bisher erzielt. Bewerber*innen ohne aktuelle Beschäftigung geben dagegen bedenkenlos mindestens ihr zuletzt erzieltes Einkommen an. Motto: „Ich bin das ja Wert!“ Natürlich kommt auch der Klassiker immer wieder zur Anwendung, nämlich den möglichen Verdienst ins Blaue hinein zu schätzen. Und wer absolut nicht weis was er angeben soll, der fragt entweder im privaten Umfeld nach Rat oder lässt sich in Anschreiben zu Sätzen hinreißen wie: „Meine Gehaltsvorstellungen würde ich gerne mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch erörtern.“ Letzteres ist natürlich ein absolutes No-Go! Sollten Sie diesen Satz jemals geschrieben haben, verweigern Sie sich einer im Stellenangebot geäußerten Bitte eines Unternehmens. In der Regel sind sie dann auch schnell raus dem Bewerbungsprozess.

Doch wie lässt sich denn nun eine vernünftige, realistische Gehaltsgröße ermitteln?
Dazu muss man wissen, dass die Ermittlung eines Gehalts von verschieden Faktoren abhängt. Welche das sind wollen wir nachfolgend etwas näher erklären:  

So macht es zum Beispiel Sinn in einem ersten Schritt einen Abgleich der wesentlichen Aufgaben und Anforderungen der Stellenanzeige mit Ihrem persönlichen Leistungsangebot vorzunehmen. Das heißt konkret: Sie vergleichen die Forderungen im Stellenangebot mit Ihren beruflichen Erfahrungen, Leistungen und Erfolgen, Ihrer Ausbildung sowie allen Aus-, Weiter- und Fortbildungskursen, die sie absolviert haben. Notieren Sie also für die jeweilige Aufgabe oder Anforderung im Stellenangebot eine Prozentzahl, die den Erfüllungsgrad definiert. Immer dann, wenn Sie nicht zu 100 % die Forderungen der Firma erfüllen, gehen Sie von einem geringeren prozentualen Erfüllungsgrad aus. Als Erfüllungsgrad sollten die Angaben 0 %, 20 %, 40 %, 60 %, 80 %, 100 % notiert werden. Wichtig ist auch, dass Sie immer realistisch bleiben. Es geht nicht darum, ob Sie sich eine Position oder Aufgabe zutrauen, sondern einzig und allein darum, ob Sie Ihre persönliche Eignung für die Stelle auch nachweisen können. Also was sagen Ihre Arbeitszeugnisse über die Aufgaben und Positionen aus, die sie bisher oder in der Vergangenheit wahrgenommen haben? Können Sie die geforderte Branchenerfahrung nachweisen? Bringen Sie die gewünschte Ausbildung mit? Passen Ihre Zertifikate zur Stelle? . . . . Ermitteln Sie zum Schluss einen prozentualen Durchschnittswert, der als erste Richtgröße Ihrer Eignung für die ausgeschriebene Stelle herangezogen werden kann.

Weitere wichtige Punkte sind: Die Ermittlung der Firmengröße, festgemacht an der Anzahl der Beschäftigten. Denn die Größe eines Betriebes ist mitentscheidend bei der Bestimmung einer realistischen Gehaltsgröße. Wenn Sie zum Beispiel in einem DAX-Konzern gearbeitet haben und in einen mittelständischen Betrieb mit 20 Mitarbeitern wechseln wollen, werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit ihr zuletzt bezogenes Einkommen dort nicht durchsetzen können. Gehen Sie dagegen den umgekehrten Weg, sind die Chancen auf einen höheren Verdienst durchaus realistischer. Auch die Region, in der Sie arbeiten wollen, spielt eine wichtige Rolle. So gibt es zum Beispiel immer noch einen Unterschied in der Bezahlung zwischen West - und Ostdeutschland. Gleicher Job, selbe Aufgaben, aber dennoch unterschiedlicher Verdienst. Sogar auf Ebene der Bundesländer kann es Abweichungen bei Löhnen und Gehältern geben. Der Grund dafür sind in der Regel abgeschlossene Flächen- oder Verbandstarifverträge für verschiedene Wirtschaftszweige, geschlossen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Diese Abkommen werden umgangssprachlich auch als Branchentarifverträge bezeichnet. Und wie der Begriff schon sagt, müssen Sie bei Ihrer Gehaltsfindung natürlich auch die Branche, in der Sie tätig werden, entsprechend berücksichtigen. Beispielhafte Einblicke in Tarifverträge erhalten Sie hier: IG Metall, Ver.di, TvöD, BAP. Da es mittlerweile für fast jede Branche einen Tarifvertrag gibt (in Deutschland sind das mehrere Zehntausend) kann es für Sie unter Umständen sehr aufwendig sein den passenden Vertrag zu finden. Sie müssen diese Zeit aber investieren, denn selbst wenn Ihre anvisierte Zielfirma nicht tarifvertragsgebunden zahlt, gibt ihnen der Tarifvertrag eine Orientierung zur Bestimmung ihrer Gehaltsforderung.  

Eine Frage, die auch immer wieder diskutiert wird: „Muss eine längere Beschäftigungslosigkeit bei der Gehaltsfindung mit berücksichtigt werden?“ Unsere Antwort dazu: „Ja, so ist es.“ Natürlich gibt es unterschiedliche Gründe warum Menschen längere Zeit nicht am Arbeitsmarkt tätig waren (Arbeitsplatzsuche, Kindererziehung, Krankheit, Pflege von Angehörigen, Sabbatical, etc.), aber der entscheidende Punkt ist, dass Sie die Denkweisen von Arbeitgebern im Blick haben müssen. Und die sind, was „Auszeiten“ betrifft, sehr speziell!

Um zu verdeutlichen, was gemeint ist, geben wir Ihnen hierzu ein konkretes Beispiel:

Nehmen wir an, dass Sie aktuell arbeitslos sind und seit ca. einem Jahr nach einer neuen Anstellung suchen. Dann denken Arbeitgeber in der Regel folgendes über Sie: Der Bewerber ist nicht auf aktuellem Wissensstand und hat bereits einen erheblichen Verlust an Fachkompetenz. Im Hinblick auf Ihre Leistungsmotivation vermutet man, dass Sie wenig erfolgsorientiert sind, keine Eigeninitiative zeigen und einen geringen Arbeitswillen haben. Auch Ihre Persönlichkeit stuft man als wenig ehrgeizig ein. Zudem vermutet man, dass Sie bequem sind und einen ausgeprägten Hang zur Versorgungsmentalität haben.

Sie mögen jetzt denken: „Wie irre ist das denn?“ Aber so ticken viele Personalentscheider in Unternehmen nun einmal! Und weil das so ist, dürfen Sie eine Beschäftigungslosigkeit bei der Ermittlung eines angemessenen Gehalts auch niemals außer Acht lassen. Bereits bei einer Nichtbeschäftigung von 4 bis 6 Monaten sollten sie sich gedanklich damit vertraut machen Ihre Gehaltsforderung (ausgehend vom letzten Verdienst) um 10 bis 15 Prozent zu reduzieren. Versuchen Sie diesen Verlust später in einem möglichen Bewerbungsgespräch, in dem es ja auch noch einmal um Ihre Entlohnung gehen wird, dann mit Ablauf der Probezeit wieder zu kompensieren. Äußern Sie gegenüber dem Arbeitgeber den Wunsch nach sechs Monaten eine Gehaltsanpassung (Erhöhung um zum Bsp. 10 % ) zu bekommen. Akzeptieren Sie lieber sechs Monate eine geringere Bezahlung, als weiterhin in der Arbeitslosigkeit zu verbleiben!

Natürlich wird die Gehaltshöhe auch durch Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt bestimmt. Glücklich können sich vor allem diejenigen schätzen, die über eine Qualifikation und Berufserfahrung verfügen, die händeringend am Markt gesucht wird. Dennoch sollten Sie auch hier mit der Gehaltsfrage vorsichtig umgehen. Stellen Sie zu hohe Forderungen kann der Eindruck entstehen, dass sie gierig sind. Und Gier kann Sie schnell ins Abseits befördern, zudem auch noch ihren Ruf auf unbestimmte Zeit beschädigen. Überziehen Sie also nicht!

Zu hohe Forderungen können auch entstehen, wenn Sie die Wirkung äußerer Einflüsse auf den Arbeitsmarkt ignorieren. Denn Finanzmarktkrise und Coronakrise haben deutlich gezeigt, dass Unternehmen nach Krisenzeiten nicht nur bei Neueinstellungen etwas zurückhaltender sind, sondern auch bei der Erfüllung von Gehaltsvorstellungen der Bewerber. In der Regel muss sich die gesamtwirtschaftliche Situation erst erholen, bevor Unternehmen wieder Gehälter zahlen die mindestens dem Vorkrisenniveau entsprechen. Gerade für Menschen ohne Job, die eine neue Anstellung suchen, ist in Krisenzeiten die Angabe einer angemessenen Verdienstvorstellung besonders schwierig. Versuchen Sie dennoch sich einen Überblick über Gehaltsentwicklungen in der Krise zu verschaffen. Wenn Sie zum Beispiel bei Google in die Suchleiste „Coronakrise, Gehälter“ eingeben, bekommen Sie als Treffer Gehaltsstudien, Vergütungssysteme oder auch Branchenmitteilungen angezeigt, die Ihnen wertvolle Informationen liefern wie sich eine Krise auf die Entwicklung eines Gehalts auswirkt oder auswirken kann.   

Auch Gehaltsportale spielen für viele Bewerber eine wichtige Rolle. Aber es ist generell Vorsicht geboten! Denn was viele nicht erkennen ist, dass diese Portale nur vermeintliche Orientierung bei der Gehaltsfindung bieten. Vergleicht man nämlich die Informationen verschiedener Portale miteinander, stellt man fest, dass die Angaben der einzelnen Anbieter meist weit auseinander liegen. Und weil auch nicht nachgewiesen ist, dass den Angaben auf diesen Seiten tatsächlich Zigtausende von Gehaltsangaben zugrunde liegen, ist es für Sie auch nicht unbedingt der Ort, an dem sie ein mögliches Gehalt recherchieren sollten. Schon oft hat es Bewerber gegeben, die den Angaben auf Gehaltsportalen Glauben schenkten und sich am Ende wegen übertriebener Forderungen ins Aus schossen oder bei zu geringen Gehaltsangaben lächerlich machten. Wir raten Ihnen deshalb dazu ihren Fokus nicht zu sehr auf diese Gehaltsportale auszurichten. Sollten Sie dennoch auf solche Informationsquellen nicht verzichten wollen empfehlen wir Ihnen dringend mindestens drei verschiedene Portale zu sichten. Eines davon sollte auf jeden Fall der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit sein.

Sicherlich haben Sie längst erkannt, dass die Angabe einer Gehaltsvorstellung nicht mal eben so aus dem Ärmel geschüttelt werden sollte. Gute Recherche und die entsprechenden Kenntnisse über Einflussfaktoren, die sich auf das Gehalt auswirken, sind also das A und O bei der Gehaltsfindung. Haben Sie ihr Gehalt schließlich ermittelt gilt es dieses nun im Bewerbungsanschreiben entsprechend zu formulieren. Und dabei hat man natürlich auch einiges zu beachten:

1. Geben Sie grundsätzlich nur Brutto-Jahresgehälter an und nennen Sie niemals ein Monatsgehalt als Verdienstvorstellung. Bedenken Sie auch, dass sich hinter Ihrem Jahresgehalt noch weitere Posten verbergen können. Zum Beispiel: Weihnachts- und Urlaubsgeld, Prämien und vermögenswirksame Leistungen. Diese werden bei der Gehaltsangabe nicht explizit genannt, aber Sie sollten diese in Ihre Überlegungen mit einbeziehen.

2. Verzichten Sie auf die Angabe einer Gehaltsspanne! Hier ein Beispiel was Bewerber gerne schreiben: „Meine Gehaltsvorstellungen liegen zwischen 42.000 Euro und 50.000 Euro im Jahr.“ Spätestens wenn es zu einem Vorstellungsgespräch kommt, werden Sie merken, dass es ein Fehler war eine Gehaltsspanne genannt zu haben. Denn seien Sie gewiss: Man wird Sie im Bewerbungsgespräch nicht mehr nach Ihrer Gehaltsvorstellung fragen, sondern Ihnen folgendes sagen: „Sie haben in Ihrer Bewerbung die Bereitschaft signalisiert den Job für 42.000 Euro pro Jahr aufzunehmen, das passt exakt in unser betriebsinternes Gehaltsgefüge.“ An dem Punkt angekommen wird es für Sie dann unglaublich schwer Ihr eigentliches Ziel, nämlich das Gehalt, dass für viele ja in der Regel die Mitte der angegebenen Gehaltsspanne darstellt, noch zu erreichen. Sie sind dann in die Enge getrieben und gezwungen im Gespräch entsprechend zu argumentieren, warum Sie höher bezahlt werden möchten. Die Angabe eines Gehaltskorridor hat auch noch einen weiteren Nachteil. Sie vermitteln eine gewisse Unsicherheit, kennen offenbar nicht Ihren eigenen Wert in Bezug zur Stelle und zum Unternehmen. Also gilt für Sie: „Keine Angabe einer Gehaltsspanne im Bewerbungsschreiben!“.

3. Nennen Sie auch auf keinen Fall Ihre Einkommensuntergrenze, sondern immer exakt das was Sie fordern. Dabei rufen Sie auch niemals eine runde Zahl auf, wie zum Beispiel eine Gehaltangabe von 36.000 Euro, sondern eine unrunde Zahl. Alternativ zum Gehalt von 36.000 Euro sollten das zum Beispiel 36.600 Euro (3.050 p. Mo.) sein. Am besten ist es aber, wenn Sie sich auf Monatsgehälter konzentrieren, die einen Sprung von 100 Euro wiedergeben, die Sie dann auf ein Jahresgehalt hochrechnen. Das wirkt realistischer und ist von Ihnen auch argumentativ besser zu vertreten. Warum sollten Sie das so machen? Eine unrunde Summe erweckt den Eindruck, dass Sie sich genau informiert haben, und auch genau den Wert Ihrer Arbeitsleistung einzuschätzen wissen. Das hat vor allem auch in Bewerbungsgesprächen für Sie den Vorteil, dass die Arbeitgeberseite kaum versuchen wird Sie herunterzuhandeln, denn wenn Sie es mit Ihren angegebenen Gehaltsvorstellungen bis zu einem persönlichen Gespräch mit der Firma geschafft haben, wird man auch nicht versuchen Ihre Gehaltskalkulation mal eben so durcheinander zu bringen. Sie sollten sich allerdings immer darüber bewusst sein, dass Sie Ihre unrunde Gehaltsvorstellung auch mit ein oder zwei Sätzen begründen müssen. Das aber kann für Sie, nachdem wir Ihnen weitreichende Informationen zur Gehaltsfindung gegeben haben, eigentlich kein Problem mehr sein.

Was Ihnen jetzt final noch fehlt, ist die Ausformulierung der Gehaltshöhe. Wichtigster Hinweis hier: Verwenden Sie auf keinen Fall weiche Formulierungen! Satzanfänge wie: Meine Vorstellungen liegen bei. . . , Ich bin davon überzeugt, dass . . . Euro für die Position angemessen sind, haben nichts in einem Anschreiben zu suchen. Auch Worte wie „hätte“, „gerne“ oder „sehe ich „sind absolut tabu. Besser und klarer Positionieren Sie sich mit Sätzen wie:

- Meine Gehaltsvorstellung beträgt 26.400 Euro.  
- Meinem Erfahrungsprofil und meinen Qualifikationen entsprechend beläuft sich meine Gehaltsvorstellung auf 53.400 Euro.  
- Ein jährliches Gehalt von 34.200 Euro entspricht meinen aktuellen Vorstellungen.
- Meine Gehaltserwartung beläuft sich auf 48.600 Euro.

Wir hoffen nun, dass wir Ihnen mit diesem Beitrag geholfen haben. Verweisen aber auch darauf, dass wir nicht den Anspruch erheben alle Fragen der Gehaltsfindung in diesem Artikel beantwortet zu haben. Dennoch sind wir sicher, dass Sie mit unseren Informationen und Hinweisen eine zum Job passende Gehaltshöhe ermitteln können. Das Wichtigste aber ist, dass Sie verstanden haben, dass man zur Bestimmung eines passenden Gehalts auch Zeit investieren muss. Am Ende werden Sie zu der Überzeugung kommen, dass es ein großer Vorteil gegenüber Mitbewerbern ist, sich in Gehaltsfragen auszukennen. Selbst Recruiter und Personalentscheider werden merken, dass es sich bei Ihnen nicht um eine Person handelt die Gehaltspoker akzeptiert, denn Sie kennen nicht nur ihren Marktwert sondern auch die angemesse Höhe der Bezahlung für die ausgeschriebene Postion!


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